Waschsalons sind ausnahmslos, jedenfalls meiner Erfahrung nach, in der Erdgeschosszone von Wohn- oder Geschäftsgebäuden untergebracht, wenig prominent, aber in Stadtbezirken oft zentral gelegen. Ist man nicht darauf angewiesen, fallen sie im Straßenbild kaum auf. Und fallen sie doch mal ins Auge, fragt man sich, ob diese von zahlreichen Maschinen besiedelten Räume überhaupt genutzt werden. Ihre zurückhaltende Schaufensterfassade ist meist mit zeitlos funktionaler, oft in Blau- und Rottönen gestalteter Grafik versehen. Sie scheinen aus der Mode gefallen, obwohl das Wäschewaschen auch mit fortschreitender Digitalisierung vermutlich nicht verschwinden wird. Ist man jedoch wirklich mal auf sie angewiesen, sei es auf Reisen oder weil die eigene Waschmaschine vorübergehend streikt, werden diese vermeintlich verwaisten Räumlichkeiten plötzlich zu sehr lebendigen Orten und unersetzbar darüberhinaus. Man kommt hier schnell ins Gespräch, weil das Zusammenspiel von Bezahlautomat und Waschvorgang meist nicht, trotz Erklärtafel, selbsterklärend ist, die Münzen ohne Gegenleistung geschluckt werden, einer der vielen Knöpfe klemmt, das Waschpulver aus ist oder eine Absprache nötig wird, weil eine der begehrten Maschinen noch unbestimmt lange ihre Runden dreht, … jedenfalls verbringen die Nutzer:innen dort meist einige Zeit und tauschen sich notgedrungen aus.
Meine eigenen Erinnerungen sind über die Jahre des Erwachsenwerdens sporadisch verstreut. Eine einprägsame Erfahrung ereilte mich am Fuße der Zugspitze, wo ich, frisch umgezogen, erstmal keine Waschmaschine besaß, was mich mitten im Winter dann und wann dazu veranlasste, schwernasse Bündel Wäsche auf dem Fahrradgepäckträger durch, in meterhohen Schnee gefräste, dämmrige Straßenschneisen zu schieben; der Salon lag Richtung Ortsausgang, in der Rückschau nicht ganz ungefährlich. Eine andere Umzugs- und Wohnsituation führte mich zu einem Waschsalon in der Nähe des Hauptbahnhofs im Kessel der schwäbischen Landeshauptstadt. Diese eher kleine Aufenthalts- und Wärmekammer mit Café-Station ist besonders bei Durchreisenden und Obdachlosen beliebt, davon jedenfalls erzählten die sich stapelnden Rucksäcke. Weil ich mich in letzter Zeit häufiger darüber unterhalten habe, beeinflusst von meiner jüngsten Waschsalon-Erfahrung im Wedding, erfuhr ich, dass so mancher Waschsalon seine Bestimmung auch als beliebter Treffpunkt und Aufenthaltsort der Großstadt-Jugend findet, Party-Erinnerungen wurden im Gespräch wach. Es scheint also kein Zufall, dass NightWash, ein erfolgreiches Comedy-Nachwuchs TV-Format, seit langen Jahren in einem Kölner Waschsalon gedreht wird, denn in einem Waschsalon spielen sich gewöhnlich so banal wie inspirierend erzählenswerte Alltagsszenen ab, vor denen eigentlich fast niemand gefeit ist, oder?